Ab wann wird selbstständige Arbeit als Scheinselbstständigkeit gewertet?
Immer wieder hört man davon: Scheinselbstständigkeit. Sicherlich jeder Selbstständige fragt sich früher oder später, was es damit auf sich hat und ab wann die Kriterien dafür erfüllt sind. Wir geben einen groben Überblick. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass unsere Darlegungen keine verbindliche Rechtsberatung darstellen.
Abgrenzung zwischen Selbstständigkeit und Scheinselbstständigkeit
Die Scheinselbstständigkeit ist in Deutschland eine Straftat, welche mit hohen Strafzahlungen oder sogar Freiheitsstrafe geahndet wird. Sowohl für den vermeintlichen Selbstständigen als auch für den Auftraggeber können die Folgen ein Existenzrisiko darstellen. Das größere Risiko trägt jedoch das Unternehmen, das den freien Mitarbeiter beschäftigt und finanziell entlohnt. Sie können sich der Schwarzarbeit strafbar machen. Daher stehen in erster Linie die Firmen in der Pflicht zur Prüfung, ob alle Kriterien der Selbstständigkeit beim freien Mitarbeiter erfüllt sind.
Die Kriterien der Selbstständigkeit
Die Gesetzeslage wurde in den letzten Jahrzehnten wiederholt überarbeitet. Ziel der Neuausrichtung war es, eine einfachere Auslegung der Selbstständigkeit zu erreichen. Waren früher vier Kriterien zu erfüllen, um als Selbstständiger anerkannt zu werden, sind es aktuell nur noch zwei Auflagen.
Die Regelungen finden sich § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Demnach liegt eine nachweisbare Selbstständigkeit vermutlich dann vor, wenn:
- Der freie Mitarbeiter mehrere Auftraggeber hat
- Der Auftragnehmer selber versicherungspflichtige Angestellte hat
Idealerweise müssen beide Merkmale erfüllt sein, damit kein Verdacht der Scheinselbstständigkeit vorliegt. Es gibt jedoch weitere Indizien, die den Verdacht erhärten können.
- Ist der Auftragnehmer zeitlich und örtlich an Weisungen des Unternehmens gebunden?
- Ist er finanziell vom Auftraggeber abhängig, d. h. werden mehr als 80 Prozent der Einkünfte von einen Auftraggeber erzielt?
- Wird Urlaub und Arbeitszeit vom Auftraggeber vorgegeben?
- Werden Betriebsmittel vom Auftraggeber bezahlt?
- Hat der Auftragnehmer zuvor bereits als Angestellter beim Unternehmen gearbeitet?
- Ist sein Arbeitsplatz verpflichtend in den Räumen des Auftraggebers?
Können mehrere dieser Fragen bejaht werden, liegt in den meisten Fällen eine strafbare Scheinselbstständigkeit vor.
Die Gesetzeslage
Der Auftraggeber macht sich dem vorsätzlichen Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen schuldig, das nach § 266a StGB mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft wird. Zudem muss er alle Beiträge seit Geschäftsbeginn mit dem vermeintlich Selbstständigen nachzahlen, ohne den freien Mitarbeiter in Regress nehmen zu können. Die Nachzahlungen können bei vorsätzlicher Hinterziehung rückwirkend für bis zu 30 Jahre geltend gemacht werden. Zu tragen hat er sowohl den Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil. Der Umfang der Strafzahlungen kann eine Höhe erreichen, die existenzgefährdend für das Unternehmen ist. Viele Fachanwälte raten daher zu einem freiwilligen Statusfeststellungsverfahren, um solchen Gefahren aus dem Weg zu gehen.
Der Arbeitnehmer selbst kann zu einer Rückzahlung der unrechtmäßig vorenthaltenen Beiträge von drei Monaten verurteilt werden. In jedem Fall sollten Sie juristische Hilfe einholen, bevor Sie auf eigene Faust Entscheidungen treffen oder nächste Schritte einleiten.
Prüfung der Selbstständigkeit
Scheinselbstständigkeit fällt unter das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, das diesen Fall als Schwarzarbeit definiert. Verantwortlich für die Aufdeckung ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) der Hauptzollämter. Eine Prüfung des Arbeitsverhältnisses kann von jedem Finanzamt beantragt werden, wobei stets im Einzelfall geprüft wird. Jedoch können auch andere Stellen eine Einzelfallprüfung beantragen, insofern der Verdacht gegeben ist. Die Deutsche Rentenversicherungsanstalt und die Sozialversicherungsträger können eine Prüfung initiieren. Nicht selten setzen sich auch Arbeitsgerichte mit der Scheinselbstständigkeit auseinander. Wird das Arbeitsverhältnis beendet, ziehen Auftragsnehmer zunehmend vor Gericht. Auch wenn dabei eine Scheinselbstständigkeit aufgedeckt wird, überwiegen die finanziellen Vorteile häufig die Kosten für die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen. Das deutlich höhere Risiko trägt, wie bereits beschrieben, der Auftraggeber.